Faultierblog

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Zitronensäurezyklus - Teil 1

innen - Halle - tag

Es ist ein kalter, aber sonniger Mittag Ende Februar. Das Faultier bewegt gerade mehrere Tische auf einem Rollwagen von A nach B. Immer neue Anweisungen werden durch die Halle gerufen und oft sind sie das komplette Gegenteil von dem, was man noch vor 5 Minuten gemacht hat. Ein ganzes Team steht an diesem Mittag vor der logistischen Mammutaufgabe eine Halle, die für 320 sitzende Gäste ausgelegt ist, für knapp über 400 herzurichten. Eine Begehung der Halle hatte zwei Tage davor ergeben, dass man wohl mit viel Einsatz und gutem Willen 360 Personen wird setzen können. Der Rest muss leider stehen. Es sollte der große Abschluss einer Tanzsaison werden. Das Faultier würde am Abend die aufgeregten 64 Anfängerpaare, anhand ihrer vorher zugeteilten Nummern, zu ihren Plätzen geleiten, ihnen bei Fragen zu Tanzschritten zur Seite stehen, und sie vor jeder Vortanzrunde wieder in "Marschstellung" bringen. Bei Bedarf würde es auch als Tanzpartner aushelfen.
Jetzt aber muss die Halle und Bühne vorbereitet werden. Ein weiterer Helfer trifft ein und begrüßt das Faultier. Sie hatten sich auf einem der Bälle der letzten Wochen kennengelernt und dabei festgestellt, dass sie den gleichen Biologielehrer hatten, oder im Fall des jungen Helfers, leider immer noch haben. Der Helfer richtete besagtem Lehrer einen Gruß vom Faultier aus und dieses wartete gespannt auf die Antwort. "Hey, Faultier, hab dem 'hier bitte Namen eurer Wahl einsetzen' einen Gruß ausgerichtet. Er hat kurz überlegt, sich dann erinnert und mir gesagt, dass das so einiges bei mir erklären würde, wenn ich so einen Umgang hätte." "Starke Nummer", denkt es sich, lächelt und sagt dann "Jetzt bist du leider vollends in einer Schublade, aus der du nicht mehr rauskommst".
Am Abend wird es noch seinen alten Sport und Erdkundelehrer treffen und auch ansonsten spielen Lehrer und Schule immer wieder eine Rolle in seinem Leben.

Die nachfolgenden Absätze sind nicht geeignet für Lehrer, die sich noch im Studium befinden. Diese könnten nachhaltig geschädigt werden, würden später aber trotzdem unterrichten dürfen!


Ich hielt besagten Biologielehrer noch nie für einen ehrlichen und absolut fairen Lehrer, aber, wenn man wollte, bot er all das Wissen und die Struktur um gut sein zu können. Gut, welcher Lehrer kann das schon zu 100% von sich behaupten und erst recht welcher Schüler. Alle sind wir Menschen. Aber einige haben sich ausgesucht anderen Menschen zu helfen, wie Ärzte, oder sie möchten viele Personen von A nach B befördern und dabei über den Wolken arbeiten, wie Flugzeugpiloten. Wieder andere richten über ihre Mitmenschen und fällen Urteile nach bestem Wissen und Gewissen. Für all diese Personengruppen gilt ein erweiterter Maßstab. Ärzte, Piloten - machen diese Personen nur einen kleinen Fehler, kann das über Leben und Tod entscheiden. Jeder macht mal Fehler, aber eben diese Personen sollten sie so gut es geht vermeiden. Dafür gibt es extra Trainings und viele viele Stunden im Simulator, bis man sie an ein menschliches Gehirn, oder an das Steuer eines A380 lässt.
Andere haben sich hingegen das, wie ich prinzipiell finde, sehr zu bewundernde Ziel gesetzt, unsere nächsten Generationen mit Wissen zu füttern und so den Grundstein für ihr weiteres Leben zu legen. Das klingt auf den ersten Blick romantischer als auf den zweiten, und ist dann in der Praxis nicht nur unromantisch, sondern sogar oft einfach nur zum kotzen.

Wer mich kennt, der weiß, dass ich über das Thema "Schule und Lehrer" nicht mit dem objektiven Sachton eines Nachrichtensprechers referieren kann. Diese Zeit machte immerhin 13 Jahre meines Lebens aus und ich rede mich nur zu gern darüber in Rage. Schon in der Schulzeit warf ich meinen Eltern an den Kopf, dass ich über mein Leben und die Schulzeit mal ein Buch schreiben würde. Niemand, am wenigsten ich selbst, hatte damals daran geglaubt, dass ich mit 26 Jahren tatsächlich schreiben würde. Zwar (noch - wer weiß was noch alles kommt) kein Buch, aber ich schreibe.

Alles eine Frage der Note !?

So einen Blödsinn habe ich selten gehört und es könnte auf nichts unzutreffender sein, als auf die Schulzeit. Der fleißige Schüler merkt schnell, dass Noten das sind, wofür er lernt. Mit Noten soll der Schüler (und nicht zuletzt die Eltern) eine Rückmeldung erhalten, wie er bestimmte Wissensgebiete gelernt (und verstanden!?) hat. Gute Noten wirken dann bei einigen Schülern wie ein Belohnungssystem. Die richtigen Botenstoffe werden im Hirn dieser Schüler freigesetzt, wenn in roter Schrift eine 1 unter der Arbeit steht, und sie empfinden Glück. Diese Note gibt ihnen recht in dem was sie tun. Das haben sie gut gemacht, werden sie wieder so machen.

"Und was ist daran falsch?", wird sich nun der ein oder andere fragen. Diese Schüler haben etwas wichtiges gelernt und wurden dafür belohnt. Da kann ich zunächst auch mal zustimmen. Sie wurden mit einer Zahl belohnt, die sie glücklich macht, und sie haben zudem noch etwas gelernt. Nur was haben sie gelernt? 

  1. Das eine gute Note Lehrer und Eltern froh stimmt
  2. Was sie bei diesem Lehrer tun müssen, um das zu erreichen

Und bei Punkt zwei liegt das Problem. Nur die wenigsten Lehrer schaffen es, ein Thema so zu bearbeiten, dass man sich dafür interessieren kann. Es kann sich nie! nie! nie! jeder Mensch für alles interessieren, aber wenn der Lehrkörper selbst kein Interesse an den Tag legt und klar signalisiert, dass er das Thema nur durchnimmt, um am Ende des Jahres seine Punkte in der Arbeit drauf geben zu können, dann setzt mein persönliches Interesse erst gar nicht ein. "Ja, das ist aber unfair", höre ich dann oft von schon im Dienst befindlichen und noch im Studium befindlichen Lehrern. "Was, was genau ist da jetzt unfair dran?", frage ich dann gerne provokativ nach. "Jaaa, zum einen ist es unheimlich schwer jeden Tag, in jeder Klasse, die volle Begeisterung zu zeigen, und dann gibt es einfach total undankbare Themen, die aber dennoch gemacht werden müssen." 
Das ist dann der Punkt, an dem ich mich vollends unbeliebt mache. Da muss ich einfach lachen. Ich kann nicht anders. So wie bei einigen eine gute Note ein Glücksgefühl auslöst, so amüsieren mich solche Sätze.
"Meine Fresse! Du sortierst keine Äpfel im Supermarkt ein. Das da nicht jede Kiste, jeden Tag, mit der gleichen Begeisterung eingeräumt werden kann, verstehe ich, macht aber dann auch nichts kaputt. Wenn der Pilot sich einfach nicht merken kann, für was die ganzen Knöpfe da vor ihm eigentlich sind, und ihm das Landen bei Nacht einfach zu schwierig ist, dann ist es der falsche Beruf und er wird nicht eingesetzt!!"
Das ist der Fluggesellschaft dann doch zu heikel. Stürzt das Flugzeug nämlich ab, sind diese Menschen sofort tot. Setzt man aber einen Lehrer ein, dem das eigentlich alles zu viel ist und er nur Lehrer geworden ist, weil er sich nach dem Abi so schwer von der Schule trennen konnte, dann kann man den schon mal einsetzen. Da fällt es erst ein bis zwei Generationen später auf, was schiefgelaufen ist!!!

Ich war kein guter Schüler. Ich habe mich durch diese Zeit gequält. Ich war unheimlich faul und habe nur das Nötigste getan um versetzt zu werden. Oft genug musste aber auch dabei noch nachgeholfen werden. Bei mir zog das Argument mit der Note nie. Warum habe ich den Scheiß nicht einfach so gelernt wie verlangt? Ganz ehrlich : Ich konnte es nicht, oft wollte ich es nicht und ab der Oberstufe war es mir sogar recht egal. Sich mal richtig hinsetzen und ein Thema lernen, das hat nie funktioniert. An dieser Aufgabe haben sich diverse Nachhilfelehrer die Zähne ausgebissen.

Willkür und Lustlosigkeit, aber auch jede menge Spaß

Zugegeben, ganz fair gegenüber den Lehrern ist es ja nicht. Sie müssen eine mathematische Aufgabe benoten, Aufsätze, Erklärungen zu chemischen Prozessen, und, wie gut man die Machtergreifung Hitlers anhand einer Vielzahl von Bespielen und Vergleichen erklären kann.

Was zum Beispiel benotet man bei einem Aufsatz zu einem bestimmten Thema?

  • die Rechtschreibung könnte eine Rolle spielen
  • Satzbau und Struktur ( wie kann sich der Schüler ausdrücken)
  • kann er das Thema so beschreiben, dass es nachvollziehbar ist

Rechtschreibung. An sich eine einfache Sache. Wort ist falsch geschrieben, gibt einen Fehler, oder vielleicht auch nur einen halben? Wie wirken die sich nachher auf die Gesamtnote aus?
Jeder Mensch hat seinen eigenen Stil. Tolle Schachtelsätze fehlerfrei konstruieren zu können, mag ne feine Sache sein, aber nicht jeder ist da besonders fit drin, und könnte das Thema vielleicht viel besser mit einfacheren Sätzen behandeln. Der letzte Punkt in der Aufzählung wird von Lehrern nur zu gerne mit "der eigenen Meinung" verwechselt. Gibt man nicht das wieder, was der Lehrer dazu im Kopf hat, hat man schon verloren.
Und dann ist da noch die Willkür. Es soll Englischlehrer geben, die Tag für Tag ihren beachtlichen Bauch auf ihr Pult hiefen, weil ansonsten der Abstand zwischen Stuhl und Tisch zu groß wäre, und dabei stumm im Hinterkopf die Tage bis zur Pension zählen. Dieser Sorte Lehrer merkt man kein Interesse an und es herrscht Willkür. Gefällt ihm nicht, was er ließt, ist es am Thema vorbei und die Sache sowieso klar. Ist die Meinung mit seiner konform, so werden noch ein paar Sätze Korrektur gelesen und für Fehler bissel was an der Note abgezogen und fertig ist korrigiert. Die Parallelklasse hat nun einen Lehrer, der frisch sein Referendariat überlebt hat, und alles richtig machen will. Er schlägt sich die Nächte um die Ohren um jeden Fehler zu finden und anzustreichen, und achtet auf die Wortwahl. Bei gleichem Thema, gleichem Fach, ist hier absolut KEINE Vergleichbarkeit gegeben und der Lehrer kann nach Gusto entscheiden, wie er den Laden führt.


Das mag am Fach liegen, aber dann könnte einem mal der Gedanke kommen, ob Noten im mathematischen Sinn, dort Sinn machen.
In Mathematik mag das anders sein. Dort gibt es nur eine Lösung - stimmt so auch nicht ganz, kann auch mehrere, keine und sogar unendlich viele geben. Kleiner Scherz am Rande - . Aber jetzt die Preisfrage : Schüler rechnet und rechnet und rechnet, vielleicht über zwei Seiten, vergisst in der letzten Zeile ein Vorzeichen und das Ergebnis ist dadurch falsch. Gibt das 0 Punkte? Neeee, das macht doch kein Lehrer! Da gibt es Teilpunkte auf die Aufgabe! Achso! Cool, wie viele Teile hat die denn? Kommt jetzt drauf an, ne. Auf den Lehrer und die Absicht, die hinter der Aufgabe stand. Die Absicht war ja ganz klar nicht, wirklich auszurechnen, wie viel Fassungsvermögen, in Kubikdezimeter, eine zufällig rechteckige Toilettenschüssel, bei einer angegeben, durschnittlichen, Festigkeit des Stuhlgangs, besitzt, ohne vorher spülen zu müssen. Die Aufgabe war vielleicht, Klammern richtig zu setzen, Terme zusammenzufassen oder sich auch einfach  nicht zu übergeben, wenn man diese Aufgabe liest. Der eine Lehrer gibt großzügig Punkte auf den Rechenweg, der andere hingegen vertritt die Meinung, dass nur eine von Anfang bis Ende korrekte Rechnung richtig und damit bepunktet wird. Das alles passiert im kleinen wie im großen Rahmen. Beschwert man sich, hat es im kleinen Fall oft kein, oder nur geringen Erfolg. In größeren Fällen und bei schweren!(Schülern einen Schlüsselbund an den Kopf zu werfen und einen Vater auf dem Parkplatz durch das offene Fenster eines Autos zu würgen, weil der einen Parkplatz blockiert, zählen hier nicht dazu. Das kann offensichtlich jedem mal passieren) Vergehen, wird der Lehrer einfach an eine andere Schule versetzt. Sollen die sich mit rumärgern, bis sie ihn nach ein paar Jahren an die armen Schweine abgeben, die gerade dummerweise einen neuen Lehrer brauchen und sonst keinen finden können.

Der durchschnittliche Schüler lernt tatsächlich nur für die Schule. Hat er rausgefunden was der Lehrer will, so wird die "Bulimietechnik" angewandt. Wissen Lehrergerecht ins Hirn prügeln und danach sofort wieder erbrechen, weil Platz für die nächste Arbeit gemacht werden muss.

Ich konnte das nie. Vielleicht bin ich einfach nicht schlau genug, denke zu verquert oder bin komplett falsch verdrahtet.

Meine Schulzeit brachte mir hauptsächlich Ärger ein. Zuhause verging eigentlich kein einziger Tag, an dem ich mich nicht mit meinen Eltern über Noten und Lernfortschritt stritt. Ich kann nicht behaupten, dass ich mich wohl gefühlt habe mit dieser Situation, aber ich stellte mich darauf ein. Ein täglicher Kampf zwischen Offense und Defense, wobei der Raumgewinn auf beiden Seiten marginal war. Alles wurde kontrolliert, mit mir wurde gelernt und um jeden Satz gekämpft, der zu schreiben war. Volle Konzentration auf mich. Meine Schwester schwebte zum Glück mühelos durch ihre Schulzeit, sodass dafür nicht auch noch Ressourcen aufgewendet werden mussten.
Man sagte mir, dass es in der Oberstufe bestimmt besser werden würde. Da kann ich meine Fächer so zusammenstellen, wie sie meinen Interessen entspricht. Ich glaube nicht, dass da wirklich jemand ernsthaft dran geglaubt hat! Und überhaupt : Was kann man da wählen?
Also ich persönlich konnte nur wählen, in welchen Fächern ich nachher, aufgrund der Gewichtung, noch schlechter dastehe als vorher. Im Schuljargon sind das die Leistungsfächer. Und es ändert sich noch was. Anstatt ner 4- steht da plötzlich nur noch eine 4. Im ausgeklügelten 15 Punktesystem entspricht das dann einer 4- .
Ja, die Auswahl ist riesig. Es gab die gleiche Scheiße, nur anders verpackt und man durfte einen Aufenthaltsraum nutzen, in dem es keine kaputten Tische und Stühle mehr gab, dafür aber aufgeschlitzte Sofas und eine eklige Mikrowelle.

to be continued...

Es grüßt herzlich

Das Faultier